Aktion Schutzwald
Aktion Schutzwald
Forstbetrieb Schliersee – Revier Josefsthal
Die Aktion Schutzwald des DAV wird in Kooperation mit den Bayerischen Staatsforsten durchgeführt. Für die Teilnehmer einer Aktion bedeutet das einen einwöchigen Arbeitseinsatz im alpinen Schutzwald. Auf der Homepage des DAV kann man das Gebiet und den Termin auswählen und sich anmelden.
https://www.alpenverein.de/Natur/Projekte-Aktionen/Termine-Aktion-Schutzwald/
Mein zweiter Arbeitseinsatz führte mich wieder zum Forstbetrieb Schliersee, diesmal zum Revier Josefsthal. Am Bahnhof Schliersee war der Treffpunkt der Teilnehmer und wir wurden von der Revierleiterin begrüßt. Vom Bahnhof aus fuhren wir zu unserem „Basislager“ dem DAV Haus Spitzingsee, einer Selbstversorgerhütte.
Beim Abendessen gab´s die übliche Vorstellungsrunde und es wurde schnell klar, dass ich wieder der Anfänger unter lauter alten Hasen bin. Bevor es ins Bett ging, haben wir noch die Dienste nach Feierabend eingeteilt. Lilly und Renate wollten Kochen, Dietmar und ich hatten Spüldienst und Frühstücksservice. Hans Werner wurde zum Bierlieferant verdonnert und Joachim wurde zum „Vorarbeiter“ ernannt.
Der Montagmorgen begann sehr früh und wir fuhren in meinem Auto zum Hagenberg, an dem wir von der Revierleiterin empfangen wurden. Nach einer Sicherheitsunter-weisung, der Übergabe von Werkzeug und Tragekörben ging es zu Fuß sehr steil zu einer Waldschneise empor, wo bereits 200 Buchen- und 200 Weißtannenpflanzen bereitlagen um gepflanzt zu werden. In der 150 Meter breiten und 100 Hm hohen Waldschneise markierten blaue und rote Fähnchen die Pflanzbereiche. Rot für Tannenpflänzchen, blau für Buchenpflänzchen.
Da Revierleiterinnen wichtigeres zu tun haben, als Pflanzer zu beaufsichtigen, wurden wir in die Selbstständigkeit entlassen. Jetzt war Joachim als Vorarbeiter gefragt, hat er doch jede Menge Gebiets- und Pflanzererfahrung.
Also, auf geht’s! Lilly, Renate und Hans Werner hatten den unteren Bereich zu bepflanzen, Dietmar und Joachim den oberen Bereich. Freiwillig habe ich mich als Sherpa beworben, um die Pflänzchen mittels Tragekorb an den Pflanzort zu bringen.
Als alles verteilt war, ging ich zum Pflanzen über. Wie sich herausstellen sollte eine sehr mühsame Arbeit, weil man mit der Wiedhopfhacke entweder auf Steine oder auf ein engverzweigtes Wurzelsystem trifft. Noch dazu steht man im sehr steilen Gelände permanent schlecht.
Gegen 16:00 Uhr verließen uns dann die Kräfte und Joachim hat zum Feierabend geraten. Also gut Feierabend – denn die restlichen 130 Pflanzen waren eh nicht mehr zu schaffen.
Im „Basislager“ wurde dann Hans Werner daran erinnert, dass ein Feierabendbierchen doch ganz angenehm wäre. Ist er doch der Bierlieferant! Als waschechter Münchner hat er eine Kiste Bier von München herangekarrt.
Dienstagmorgen und es regnete seit dem späten Abend. Bei dem Sch***wetter pflanzen? Lieber nicht! Marie Luise – unsere Revierleiterin – hatte wohl denselben Gedanken und zieht das Anbringen von Verbissschutz auf den heutigen Tag vor.
Am Treffpunkt gab es dann eine Überraschung, denn es wurde jeder Person eine Tasche mit stinkender Schafwolle überreicht. Auch die alten Hasen waren verwundert, was denn Schafwolle mit Verbissschutz zu tun hat. Lasst Euch überraschen sagte, Marie Luise.
Mit einer Tasche stinkender Schafwolle und jetzt nur noch leichtem Nieselregen gingen wir zu einem Bereich des Hagenbergs hoch, bei dem bereits in den letzten Jahren Buchen, Lärchen, Kiefern und Tannen gepflanzt wurde. Auch die Fichte bekommt hier eine Chance, weil die Niederschläge in dieser Region ausreichend sind.
Und jetzt zu unserem Sorgenkind – sagte Marie Luise – der Weißtanne. Sie gilt es besonders zu schützen, weil das Wild die frischen Gipfelknospen als Delikatesse bevorzugt. Um das zu verhindern, mussten wir eine geringe Menge stinkender Schafwolle aus der Tasche entnehmen, diese ungefähr auf einen Durchmesser von 10 cm ziehen, auf die Gipfelknospe legen und den Neuaustrieb bis zur ersten Verzweigung umwickeln. Das stinkt auch dem Wild im wahrsten Sinne des Wortes…
Kurzum, bei Nieselregen, steilem Gelände und ständigem Gestank ein fordernder Tag. Gott sei Dank endlich Feierabend! Nichts wie ab ins Basislager und den Bierservice nutzen. Die Duschen waren an diesem Abend wegen Überfüllung vorübergehend geschlossen…
Mittwochmorgen, es regnet nicht mehr. Dafür schneit es: Draußen liegen auch schon 10 cm Schnee. Bei dem Sch***wetter pflanzen oder stinkende Schafwolle bearbeiten? Lieber nicht!
Marie Luise ruft an und verordnet uns eine Zwangspause, schließlich ist es zu gefährlich im steilen Gelände. Gegen 9 hörte es auf zu schneien und um 11:00 Uhr schepperte das Handy von Vorarbeiter Joachim. Er bekam von unserer Revierleiterin neueste Instruktionen zu diesem Arbeitstag. Unten am Schliersee ist es schneefrei und wir sollen zum Lagerplatz Schliersee-Bereich Hagenberg fahren, um den Forstmitarbeiter Hans und seinen Kollegen Hans zu unterstützen.
Also, auf geht´s! Schnell noch das Auto von Schnee befreien und eingestiegen. Doch was ist das? Hier stinkt´s nach Schaf! Hat jemand nicht geduscht? Diese Frage konnte ich mir nicht verkneifen, aber der Übeltäter war schnell ausgemacht. Denn eine Tasche mit Schafwolle war im Auto liegen geblieben.
Am Arbeitsort eingetroffen, haben Hans und Hans ein Holzgestell aufgestellt, das als Schablone dient um Dreibeinböcke (Trios) in Serie herzustellen. Die Rundhölzer für die Trios bestehen aus Robinienholz, das ca. 30 Jahre haltbar ist. Die Trios zählen zu den Gleitschneeschutzmassnahmen und verhindern das Auftreten von Schneegleiten im Pflanzbereich.
Unsere Aufgabe war es, drei 2 m lange Rundhölzer so miteinander zu verbinden, dass ein Dreieck entsteht. Die Arbeitsschritte wurden unter uns wechselweise wie folgt durchgeführt:
Hölzer auf die Schablone auflegen, mit einem Langbohrer das Robinienholz durchbohren, mit 36 cm langen Schrauben, Muttern und Beilagscheiben die Hölzer verbinden und zuletzt das fertige Trio zur Sammelstelle bringen. Nach vier Stunden waren immerhin 17 Trios gebaut was mit Sonnenschein belohnt wurde.
Zum Feierabendbierchen gab´s diesmal noch leckeren Apfelkuchen, den Renate am Abend zuvor gebacken hatte.
Donnerstagmorgen und die Sonne beginnt ihren Tag über dem Taubenstein. Heute konnten wir endlich die restlichen Buchen- und Tannenbäumchen einpflanzen. Als das getan war, haben wir die mitgenommenen Taschen mit Schafwolle geschnappt und gingen auf einem Forststeig 1 km quer zum Bereich mit dem Verbissschutz.
Das Gras war bereits abgetrocknet und wir konnten im steilsten Bereich Verbissschutzarbeiten tätigen. Hier sind jede Menge Dreibeinböcke aufgestellt und verankert. Zusätzlich sind ca. alle 50 Hm Lawinenschutznetze gespannt mit dem Ziel, ein Abrutschen des Schnees zu verhindern und somit die Pflanzung zu schützen.
Um die Dreibeinböcke sind immer 15-20 Tannen, Buchen oder Lärchen gepflanzt. Leider sind hier sehr viele Tannen verbissen oder haben Kümmerwuchs.
Nach getaner Arbeit fiel heute Hans Werners Bierservice aus, denn die Revierleiterin hatte in die Wurzhütte zum Abendessen eingeladen. Da gerade Wildbret-Saison war haben wir uns den Gamsbraten schmecken lassen.
Am Freitagmorgen – dem schönsten Tag der Woche – begann unsere Arbeit direkt am Spitzingsee.
Am Ostufer des Sees gab es 2004 einen Sturm, der einen Hang in Ufernähe komplett entwaldet hat. Dieser Bereich wurde seither sich selbst überlassen und nicht durch menschliches Dazutun bepflanzt. Unglaublich, wie sich die Natur an dieser Stelle erholt hat. Das hat selbst die bayerischen Staatsforsten überrascht.
Buchen, Fichten, Tannen, Bergahorn, Vogelbeerbäume wachsen hier dicht an dicht, üppig und teils bis zu vier Meter hoch. Zu dicht für die Tannen!
Wir bekommen Astscheren, Baumsägen und eine Bügelsäge ausgehändigt. Uns ist sofort klar, dass man hier nicht so einfach drauflos sägen kann. Das wurde uns auch recht deutlich und eindringlich klargemacht. Also befreiten wir alle Tannen von jungen Buchen die näher als 1m an den Tannen waren. Um 11:00 Uhr war Feierabend angesagt, denn wir mussten alle noch nach Hause fahren.
Bericht und Bilder:
Albert Mendle