Chamonix August 2022

Alpincamp Chamonix

13.-21.08.2022

 

Alpincamp Chamonix!
Was für ein aufregendes Vorhaben! Hierzu kamen wir, acht mutige Alpinisten der JDAV Ulm/Neu-Ulm/SSV, zusammen. Ein erstes Planungstreffen fand ca. zwei Wochen vor der Ausfahrt statt. Schnell wurde uns klar, dass dies keine ordinäre Ausfahrt werden soll. Vielmehr bestand die Idee einer einwöchigen Mini-Expedition auf das Gletscherbecken „Mer de Glace“ mit aufregenden Alpintouren im berühmt berücksichtigten roten Granit der Nadeln des Mont Blancs. Was am Ende davon realisiert werden konnte, ist in diesem Bericht zu lesen.

Timm und Moritz:
Treffpunkt für die Fahrt nach Chamonix war um 7:30 Uhr. Freudig und voller Erwartungen, beladen mit großen Taschen voll Ausrüstung und Verpflegung kamen wir acht Teilnehmenden zusammen. Ohne große Verzögerung befanden wir uns bald darauf wohl verstaut mit unserem Gepäck im Bus des KJR. Den Einkauf für die gemeinsamen Abendessen und Frühstücke hatten vier Leute am Tag davor erledigt. Die achtstündige Anfahrt nach Chamonix gestaltete sich als wenig ereignisreich. Einzig und allein die Hitze und ein köstliches Bananenbrot, das die Mittagsrast ergänzte, soll hier erwähnt werden.

Die erste Anlaufstelle am Zielort war ein Sportladen, um noch nötige Kevlar-Prusiken zu kaufen und im Anschluss das l’Office de Haute Montagne, um sich über die derzeitigen Bedingungen zu informieren. Schnell wurde uns klar, dass Gletscher-Touren nur schwer möglich sind. Grund dafür ist der heiße Sommer und die daraus entstehenden großen Gefahren von Spalten, Eis und Felsstürzen auf dem Gletscher.

Chamonix! Schnell waren wir gefangen von dem besonderen Ambiente dieses beindruckenden Ortes. Es gibt wenig vergleichbares zu diesem Ort, an dem der weiß, glitzernde Gletscher des Mont Blanc Massivs, 2500 Hm über der Stadt türmt und jeden Blick magisch anzuziehen scheint; in der Kombination mit dem französischen Städtchen, in dem sich Touristen und Alpinisten in Cafés und Sportläden tummeln. Auch wir konnten einem ersten Abstecher zur Boulangerie Chez Richard nicht widerstehen. Im Anschluss nach der Erkundung begaben wir uns zum Campingplatz in Les Chosolets, wo wir unser Lager aufschlugen und uns bei einer köstlichen Gnocchi-Gemüse-Pfanne stärkten.

Das Wetter für Sonntag war wechselhaft vorhergesagt. Dies störte uns nicht allzu sehr, denn wir waren noch nicht für den Aufbruch zu hohen Gipfeln bereit. Sonntagmorgen verbrachten wir mit der Touren- Planung für die kommenden Tage. Anschließend begaben wir uns zu Fuß in ein nahe gelegenes Sportkletter-Gebiet, wo wir unsere Kenntnisse des Alpinkletterns noch einmal auffrischten. Gemeinsam sichteten wir unser Material und erinnerten uns an den korrekte Einsatz und die Verwendung der verschiedenen Schlingen, Keile, und Friends. Zudem übten wir die unterschiedlichen Möglichkeiten zum Aufbau eines Stands in alpin abgesicherten Routen, sowie das richtige Legen von mobilen Sicherungsgeräten. Zeit zum selber klettern blieb heute nicht.
Wir kehrten zum Camp zurück, wo wir uns mit Käsespätzle, die traditionell auf keiner Ausfahrt fehlen dürfen, stärkten. Es wurde spät, bis wir die letzten Vorbereitungen für den kommenden Tag abgeschlossen hatten und wir unsere Rucksäcke für die geplante dreitägige Tour gepackt hatten. Voller Vorfreude auf spannende Touren legten wir uns schlafen.

 

Regina, Caro & Simon:

Unseren ursprünglicher Plan im Maudit-Becken ein kleines Camp aufzuschlagen, mussten wir wegen spätsommerlichen Bedingungen und unbeständigem Wetter über den Haufen werden. Stattdessen planten wir drei Tage auf der Plan du MIDI zu verbringen, um das kurze Gut-Wetter-Fenster zu nutzen. Früh am Montagmorgen brachen wir vom Campingplatz in Richtung Aiguille du Midi Bahn auf. 6:45 Uhr standen wir dann an der Plan du Midi in einer beeindruckenden neuen Welt voller faszinierenden Klettermöglichkeiten. In zwei Gruppen stapften wir in Richtung Wandfuß der Aiguille du Peigne. Die einen stiegen in die Tour Maillon Manquant ein, die anderen in den Papillons Grat. In den Touren erwarteten uns neue Dimensionen des Alpinkletterns. Neben dem Klettern an sich wurden wir mit neuen Herausforderungen wie Wegfindung, mobilen Sicherungsmethoden und insbesondere exponierte Pipi-Pausen mitten in der Route konfrontiert. Ein Glück, dass wir einen Jugendleiter mit Chamonix-Erfahrung dabei hatten. Platt aber glücklich über einen ersten erfolgreichen Klettertag schlugen wir unser Lager am Lac Bleu auf und verschlangen die kulinarisch wertvollen Tütensuppen und eine leckere Quinoa-Pfanne. Immer wieder erschreckte uns der Rumpel-Kumpel, wie er Kühlschränke die Wand der Aiguille du Midi hinabfallen lies, wo sie am Boden zu Toastern und Krümeln zerschellten. Wie lange dieser Berg wohl noch steht? :/

Für den nächsten Tag entschied sich der größere Teil der Gruppe hoch bis zur Aiguille du Midi zu fahren, um dort in die Voie Kohlmann einzusteigen. Wieder Erwarten stellte sich der zu überwindende Eisgrat als gar nicht so schwierig heraus und wir erreichten als 2er und 3er Seilschaft schon bald den Einstieg auf dem Gletscher am Wandfuß. Nachdem wir den vermeintlich richtigen Einstieg gefunden hatten, konnten wir durchstarten. Doch schon nach der ersten Seillängen, welche ohne Klimawandel gar nicht existiert hätte, stellten wir in Frage in der richtigen Route zu sein. Um wieder auf Kurs zu kommen bedarf es einem harakiri Quergang über eine große lockere Schuppe, bei der wir alle etwas weiche Knie bekamen. Nach einer Mischung aus Hitze und Kälte, sowie Angst und Freude erreichten wir den Gipfel der Aiguille du Midi. Während wir auf der Terrasse der Bergstation auf die zweite Seilschaft warteten, konnten wir pinke Pandas, Gucci Taschen und andere extravagante Touristen beobachten. Hier oben treffen Welten aufeinander.

Die kleinere Gruppe blieb an diesem sonnigen Tag an der Plan du Midi und kletterte an der Aiguille Blaitière die Tour Nabot Léon. Auch bei dieser beliebten, abwechslungsreichen Tour war mentale Stärke gefragt, doch als Team (toll ein anderer macht’s) meisterten wir auch die schwersten Stellen ohne Probleme ;). Wie am Schnürchen lief die Abseilpiste nach unten und es ging zurück zu unserem Camp am Lac Bleu. Hungrig stürzten wir uns auf Polenta mit frischer Waldpilzcreme-Suppe aus der Tüte. Am späten Dienstagabend überraschte uns der Himmel mit Inkontinenz. Die Glücklichen von uns verkrochen sich in ihr Zelt, die anderen bewaffneten sich mit ihrem Biwaksack, welcher am nächsten Morgen von innen nässer als von außen war. Aufgrund einer Gewitterneigung am frühen Nachmittag hatten wir beschlossen den Tag gemütlich anzugehen und nicht in eine lange Tour einzusteigen. Die meisten von uns verbrachten den Vormittag in einem Klettergarten am Wandfuß der Aiguille du Peigne. Um 15:00 Uhr begannen wir den anstrengenden, knieschonenden Abstieg über 1.300 Höhenmeter und waren 15 min später am Auto. Zum Abschluss der etwas verrückten aber gelungen Alpinkletter-Tage gingen wir ins Poco Loco und genossen die knusprigen, frischen Burger. Zurück am Campingplatz dachten wir uns „oh Mann hey, es regnet schon wieder“, krochen in unsere Zelte und freuten uns auf einen entspannten nächsten Tag.

 

Alex, Yannick und Sebastian:

Gemütlich und planlos ging der Tagesplan im Tal los. Nach einem entspannten und etwas verspäteten Frühstück stellte sich dann doch die Frage nach einer sinnvollen Tagesbeschäftigung. Da das Wetter es ausnahmsweise unverhofft gut mit uns meinte, konnte sich die Gruppe trotz schwerer Beine zu einer Trockenübung motivieren. In den letzten Tagen hatten wir unser Motto "fast and light = Sicherheit" etwas ignoriert, weshalb wir vor allem an der Schnelligkeit noch einmal etwas feilen wollten.

Eine gute Übungsmöglichkeit bot sich in der frisch eingerichteten, nahegelegenen Tour "Trockenübung", die laut Berichten der Erschließer noch keine FKT (Fastest Known Time) aufzuweisen hatte. Es ging zu wie in der Rebuffat und so teilten sich nach einem spannenden Rennen gleich drei Seilschaften die Podiumsplätze mit knapp 40 min für 5 Seillängen. Da die gesamte Übung inklusive Nachbesprechung dann doch über 5 Stunden gedauert hat, wurden die Abendpläne spontan geändert.
Statt nach Chamonix ging es nur noch in den Supermarkt, um uns für das Abendessen auszustatten.
Der unzuverlässige und etwas düstere Wetterbericht machte die Tourenplanung für restliche Tage schwierig, doch ein Anruf beim netten Hüttenwart auf dem Refuge Argentiere lenkte unsere Pläne weg vom goldenen Granit des Haupt-Massivs zu den Touren an den Aiguilles Rouges. Da der nächste Tag sowieso nur Regen versprach, wurde die konkrete Planung zugunsten des Schlafsacks auf den nächsten Tag verschoben.

Der nächste Tag ist schnell erzählt - Chez Richard, SnellSports, RipCurl, Arcteryx, Salomon, Supermarkt, Norrøna, PeakPerformance, Patagonia, SnellSports, Decathlon, Intersport, Genepy-Verkostung, Second Hand Skiladen, Vesper, Käseladen und schließlich wieder Campingplatz.
Da sich in der Gruppe im Laufe der letzten Tage leider einige Spannungen gebildet hatten, war am Abend noch eine ausgiebige und offene Gesprächsrunde über unsere Gedanken und Gefühle notwendig.

Am Samstagmorgen suchten wir die angekündigte Sonne aus dem Wetterbericht vergeblich zwischen den nebelverhangenen Bergen. Um unsere Konsum und Croissant gezeichneten Körper und Seelen vom Vortag wieder in Form zu bringen, steuerten wir trotzdem unser Kletterziel, den Brévent, an. Gewöhnt an die regionalen Zustiegs-Gegebenheiten meisterte die mittlerweile geübten Seilbahn-Alpinisten den Zustieg in wenigen, schweißlosen Minuten. Die Nässe kam dann doch eher von außen, hinderte uns aber zunächst nicht daran, in unsere Touren einzusteigen.
Der schnell stärker werdende Regen versuchte uns aus der Wand zu spülen, doch eine Gruppe schaffte es sich trotzdem an den nassen Griffen festzuhalten, während die andere am benachbarten (und komischerweise trockenen) Sportkletter-Sektor gestrandet ist.
Kurz lies sich zwischen den Wolken sogar die gegenüber liegende Prominenz mit Mont Blanc, Aiguille du Midi & Co. noch einmal blicken, bevor es dann mit der letzten Bahn wieder knieschonend ins Tal geht, because, like you know, the more you got on the buckel, like you know, the worse your feet get. Im Tal verabschiedeten wir uns mit einem letzten Besuch 'Chez' Richard aus Chamonix und fuhren zurück zum Campingplatz. Noch einmal Dirtbag-Life, Kochen, Essen, Spiele spielen und schon brach die letzte Nacht am Fuß der hohen Berge an.
Das Wetter wollte uns am Abreisetag noch ein letztes Mal ärgern, brachte, wie schon am Anreisetag, strahlend blauen Himmel und erlaubte uns einen wehmütig Blick auf die Aiguilles

 

Fotos: Regina Heudorfer, Sebastian Vendt, Yannick Bachhuber

Timm Häcker & Moritz Quincke

 

 

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