Ein Nervenspiel zum Auftakt

Julia Tannheimer hat bei ihrem Weltcup-Debüt in der neuen Saison das Nervenspiel im eisigen Kontiolahti bestanden. In ihrer ersten Staffel im Weltcup übernahm sie als zweite Läuferin auf Platz elf liegend von Johanna Puff. 41 Sekunden hatte sie da Rückstand auf die führende Französin Justine Braisaz-Bouchet. Zuhause bei der Familie und bei den Sportlern des DAV Ulm wurde mitgezittert. Und es sollte sich zeigen, dass viel gezittert werden musste.

Schon bevor die Staffel gestartet wurde, hatte TV-Expertin Laura Dahlmeier darauf hingewiesen, dass die 19-jährige Ulmerin läuferisch schon enorm stark ist. Die beiden hatten sich im Sommer bei einem Termin mit Viessmann am PistenBully-Biathlonzentrum getroffen. Spätestens seitdem hat Dahlmeier ein Auge auf Julia, die nicht wie der Großteil der deutschen Top-Läuferinnen in Ruhpolding trainiert, sondern im Schwarzwald.

So wusste Dahlmeier auch von den Quali-Rennen in Vuokatti zu erzählen. „Im Massenstart ist sie gleich mal vorneweg gelaufen, weil sie weiß, dass sie im Schießen nicht so schnell ist“, sagte Dahlmeier. Das tat Julia auch in Finnland. Ging schnell an, kam dann zu Liegendschießen – und traf erst einmal nicht. Nach zwei Fehlern reagierte sie, aber der dritte folgte sogleich. Zuhause konnten sie gar nicht mehr hinschauen. Julia aber traf die nächsten beiden und auch alle drei Nachlader. „Das musst du erst einmal hinbekommen“, kommentierte Sven Fischer im Fernsehen.

Sie habe am Anfang gedreht, weil der Wind sich geändert hatte. „Dann hab ich zwei Fehler geschossen und wieder zurückgedreht“, schilderte die 19-Jährige. Doch es kam noch ein Fehler. „Und dann wusste ich gar nicht mehr, was ich machen soll. Ich hab dann einfach weiter geschossen.“ Mit Erfolg.

Das Stehendschießen lief dann besser, da kam sie mit einem Nachlader durch. Die Schwedin Sara Andersson, 21 Jahre alt, mit der sich Julia schon in Otepää bei der Junioren-WM duelliert hatte, erwischte es bei diesem Schießen. Sie musste in die Strafrunde, ebenso wie ausgerechnet bei den Deutschen die erfahrene Schlussläuferin Vanessa Voigt. Trotzdem lagen die Schwedinnen am Ende ganz vorne, nachdem die Französin Julia Simon Wadenkrämpfe auf der Schlussrunde bekommen hatte.

Zwar verlor Voigt noch einiges an Zeit, kam aber auf den siebten Platz nach vorne, da auch andere Teams Federn lassen mussten. Denise Herrmann-Wick jedenfalls gab noch Hoffnung mit: „Wenn man die Werte ansieht, die die jungen Mädels da am Laufband abliefern. Da ist schon was da. Perspektivisch dürfen wir da auf einiges hoffen.“

Julia Tannheimer war sichtlich unzufrieden. Hat es trotzdem Spaß gemacht? „Ja, schon“, sagt die 19-Jährige. Da muss sie nur kurz überlegen. Denn läuferisch hat sie sich gut gefühlt, und das hat man gesehen. Vor allem an der Mauer von Kontiolahti, wo es extrem steil nach oben ging und am Übergang, wo so viele Zeit verlieren, weil einfach die Kraft ausgeht. Sie legte in ihrer Runde die vierte Laufzeit hin, knapp eine halbe Minute hinter der Schnellsten, Justine Braisaz-Bouchet. Das Rennen dürfte unter Lerneffekt abgehakt werden. Und auch der Blick in die Vergangenheit lässt hoffen: Der erste Auftritt in einer Wettkampf-Serie ist bei Julia meist der schwächste (Ute Gallbronner)

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