Skitour Finsteraarhorn
Skitour im Juni auf das Finsteraarhorn
Nachdem sich kurz vor Tourbeginn sämtliche männlichen Kollegen trotz vorhergesagtem Traumwetter von der Teilnehmerliste verabschiedet hatten, fahren die verbliebenen drei Frauen mit Norman ins Berner Oberland mit dem Ziel, das Finsteraarhorn zu besteigen. Die letzte Skitour der Saison, ausgerechnet am vorhergesagt heißesten Wochenende des Frühsommers mit Temperaturen über 35 Grad? Naja, man kann die Ski ja auch bequem an den Rucksack schnallen und die Skistiefel am besten gleich dazu, die Schneegrenze liegt nun schon ganz ordentlich hoch, da ist das Laufen in Turnschuhen doch deutlich bequemer.
Um 2:30 Uhr starten wir in Ulm und dank leerer Straßen sind wir schon nach 4 Stunden am Parkplatz am Grimselpass. Wir sehen unser erstes Ziel, das Oberaarjoch, schon von weitem, müssen allerdings noch viele Kilometer Wegstrecke hinter uns bringen, zuerst eine komfortable Mautstraße, dann einen wunderschönen Blumenpfad entlang des Oberaarsees. Schnell wird klar, dass die Ski noch weitere 200 Hm am Rucksack bleiben, doch dann endlich geht’s auf die Ski in Richtung Oberaarjochhütte! Unterwegs treffen wir die Hüttenwirte, die ebenfalls aufsteigen, um die Hütte für den Start in die Sommersaison vorzubereiten. Das war unser Glück, da wir ja als Selbstversorger unterwegs waren und nun in deren Küche kochen und frisches Bier aus dem Kühlschrank genießen durften. Die folgenden beiden Übernachtungen sollten da deutlich spartanischer werden..
Am nächsten Morgen wieder sehr frühes Aufstehen, da wir den Weg zur Finsteraarhornhütte noch mit einem grandiosen Skigipfel, dem Großen Wannenhorn (3.906 m) garnieren wollten.
Die Abfahrt von der Hütte endet leider schon wieder nach 300 Hm auf dem blanken Gletscher. Wir laufen, jetzt mit Steigeisen, im großen Bogen um das Finsteraarrothorn herum, dem eindrücklichen Gletscherbruch ausweichend über Galmi- und Fieschergletscher zum Fuß des Großen Wannenhorns. Was für ein Glück, eine Schneezunge reicht fast bis unten und so wird das eine ausgewachsene Skitour mit 1.200 Hm schönster Firnabfahrt. Diese muss aber erst einmal verdient werden, da heftigster Wind uns fast vom Berg bläst und der Tour im oberen Drittel trotz strahlendem Sonnenschein einen ernsten Charakter verleiht.
Wieder unten bedeutet, wieder die Ski an die Rucksäcke und Steigeisen anlegen. Nun gilt es, mit möglichst wenig Laufstrecke den Gletscher zur anderen Seite zu queren, ziemlich mühsam, viel hin und her und beherzte Sprünge mit schwerem Gepäck über die gähnenden Spalten, aber spät am Nachmittag erreichen wir, wunderschön gelegen über dem Gletscher, den kleinen Winterraum für 10 Personen unterhalb der geschlossenen Finsteraarhornhütte. Wir sind ganz allein und richten uns gemütlich ein. Kocher haben wir zwecks Gewichtsersparnis zuhause gelassen, müssen folglich den Holzofen kräftig einheizen für Kaffeewasser und Abendessen, ungeachtet der Außentemperaturen von etwa 30 Grad. Doch das Dinner mit Aussicht entschädigt für alles, einfach unglaublich schön, und nur wir vier hier oben, keine Menschenseele außer uns im ganzen Gebiet. Dachten wir jedenfalls… Noch bei Sonnenschein ins Bett, die Fensterläden zu, wir wollen ja um 3:00 Uhr aufstehen.
Doch plötzlich geht die Tür auf und drei Jungs aus Belgien und den Niederlanden wundern sich, dass wir schon schlafen. Damit ist jetzt auch erst einmal wieder Schluss, schließlich müssen wir nun alles umräumen, damit die Spätankömmlinge Platz finden.
Kurz vor 4:00 Uhr geht es los in Richtung Finsteraarhorn, dank Mondschein und Stirnlampen finden wir den Weg, steil geht es mit den Ski am Rucksack auf einem schuttigen Wanderweg hinauf, gespickt mit größeren und kleineren Klettereinlagen.
Mit der Dämmerung gelangen wir auf 3.300 m auf den Gletscher, also wieder die Steigeisen an, und suchen uns einen Weg um die versteckten Spalten herum, nun am Seil aber nicht auf Ski, da die Gefahr eines Mitreißunfalls auf Ski deutlich höher anzusehen ist. Über den Frühstücksplatz ohne, danach wieder mit Steigeisen in den Schlusshang Richtung Hugisattel. Norman testet es kurz auf Ski, aber der hartgefrorene Firn und die gähnenden Spalten unter uns lassen keinen sicheren Skiaufstieg zu. Somit tragen wir die Ski letztendlich bis zum Skidepot auf 4.088 m am Rucksack.
Am Hugisattel freuen wir uns erstmal über die Sonne und starten zügig in die letzten 200 Hm im Fels zum Gipfel. Nach dem ersten steilen Aufschwung oberhalb des Bergschrunds sind die Kletterschwierigkeiten bereits gemeistert und so genießen wir die Kletterei im festen Fels. Norman sucht uns eine schöne Linie, möglichst immer am Grat, und das Seil kann im Rucksack bleiben. Erst knapp unter dem Gipfel geht es zwingend in den Schnee, also wieder die Steigeisen… Nur eine kurze Gipfelrast, schnell ein paar Fotos und etwas gevespert, denn viel Zeit haben wir nicht, da die Sonne schon kräftig in den Abfahrtshang scheint und den Schnee sonst schnell aufweicht.
Die Abfahrt ist an diesem Tag die einzige Etappe auf Ski und auch wirklich ein echter Genuss, außerdem ein nicht zu verachtender Sicherheitsfaktor. Mit viel Schwung über die Spalten und schon stehen wir wieder im Fels und steigen ab zum zweiten Gletscher. Leider müssen wir hier am Seil abfahren, da der Schnee inzwischen sehr weich ist, was nur bedingt Vergnügen bereitet, auch weil der Schnee mehr bremst als dass es läuft… Aber der nächste Wechsel auf Steigeisen folgt, wenige Meter geht es über den blanken Gletscher, bis wir auf dem Sommerweg zur Hütte stehen.
Das Tütenabendessen schmeckt an diesem lauen Sommerabend auf der Terrasse der einsamen Finsteraarhornhütte besonders vorzüglich, von einem verdienten Kaltgetränk können wir aber leider nur träumen… Noch bei Sonnenschein legen wir uns ins Bett und versuchen zu schlafen, denn der Wecker wird uns um 3:00 Uhr wieder aus den Federn holen.
26 Kilometer und 800 Höhenmeter Rückweg zum Grimselpass liegen vor uns und wir können uns ausrechnen, wieviel davon auf Ski möglich sein werden, immerhin 7 km und 400 Hm hoch wie runter.
Der lange Weg zurück in die Zivilisation will nicht enden und spätestens ab dem Berghaus Oberaar wünschen wir uns Fahrräder, 6 km Straße bergab laufen kann ganz ordentlich anstrengend sein..
Am Grimsel ist die Hölle los, wir packen schnell alles ins Auto und freuen uns auf echten Kaffee und kühles Bier, was wir uns in Realp gönnen. Der Blick zurück lässt schon erahnen, dass das Wetter umschlagen wird, da hatten wir ein richtig tolles Fenster erwischt!
Leider läuft es auf der Rückfahrt nicht so flüssig und wir sind froh, als wir am Donaubad ankommen, hier dann Stau im Parkplatz, 36 Grad im Schatten und viele Badegäste, die uns ungläubig beim Ausladen der Skiausrüstung zuschauen.
Kurze Statistik:
4 Tage
58 km (davon 24 km auf Ski)
5.100 Hm (davon 2.100 Hm auf Ski)
25 Wechsel von Ski/Steigeisen/Schuhe
Bericht: Simone Mahling
Fotos: Norman, Birgit, Uli, Simone